Ich weiß, es ist schwer zu glauben, aber es gab mal eine Zeit in der Spiele relativ schwer waren und man nicht einfach ins Internet gehen und sich auf Youtube einen Walkthrough anschauen konnte. So schwer, die letzten Level eines Spiels nur den besten hartnäckigsten aller Spielern vorzuenthalten. So schwer, Nintendo dazu zu veranlassen, neben den üblichen Anleitungsheftchen, in denen primär die Funktionsweise des Spiels erklärt wird, auch noch die sogenannten Spieleberater zu veröffentlichen.
In Zeiten ohne Internet und dem Videospieljournalismus noch in seinen Kinderschuhen, waren Spieleberater neben dem nicht immer ganz verlässlichen Austausch auf dem Schulhof eine solide Quelle für Tipps und Tricks zum Lösen meiner Lieblingsspiele. Da ich damals™ nur ziemlich begrenzten Zugriff auf unseren (Super) Nintendo hatte, verbrachte ich in meiner Kindheit viele Stunden abseits des Fernsehers damit, diese meist um die 80-seitigen Bücher zu studieren.
Anfangs natürlich um für meine nächste Spielsession vorzuarbeiten und die neuesten Kniffe ausprobieren zu können. Etliche Male blätterte ich den Berater zu den ersten drei Super Mario Bros. durch, bis ich endlich in der Lage war, bis in Welt 8 zu kommen und Bowser in den Allerwertesten zu treten. Die Möglichkeit, jede einzelne geheime Münze, alle Warpzones und jegliche versteckten Items in handgemalten(!) Komplettansichten eines jeden Levels direkt nachschlagen zu können ist ein Luxus, den wir in Zeiten des Internets überhaupt nicht mehr zu schätzen wissen.
Da ich Anfang der 90er noch viel gemeinsam mit meinem älteren Bruder gespielt habe, ergab sich neben dem typischen „Controller abgeben wenn ein Level geschafft oder Mario gestorben ist“ für mich auch immer wieder die Rolle des Co-Piloten. Während er spielte, hatte ich den Spieleberater zur Hand, konnte stets hilfreiche Tipps geben und das Spiel quasi als Kommentator voran bringen. Das war für mich seiner Zeit fast genau so spaßig wie selbst zu spielen.
Teilweise kam es auch vor, dass ich den titelübergreifenden NES-Spieleberater einfach durchblätterte und mir Spiele ausguckte, die interessant aussahen, einfach, weil es so coole Tricks gab. Rückblickend irgendwie bescheuert, besonders im Hinblick auf die meist sehr werblichen Texte in den redaktionellen Veröffentlichungen Nintendos. Aber das sei dem Kindheitsmoep0r verziehen, er konnte es ja nicht wissen.
Die bekanntesten Spieleberater dürften allerdings nicht die von den Super Mario Bros. sein, sondern die der großen Rollenspiele auf dem Super Nintendo: Secret of Mana, Secret of Evermore, Terranigma, Mystic Quest, Illusion of Time und Lufia. Aufgrund der Größe der Bücher gab es sogenannte Big-Box-Releases dieser Spiele, welche mittlerweile für stolze Preise bei eBay erhältlich sind. Ein Komplettpaket mit Spiel, Big Box (Karton) und Spieleberater kostet Sammler je nach Spiel auch heute noch dreistellige Beträge.
Im Gegensatz zu den lösungsfokussierten Beratern zu den Jump ’n Run-Titeln boten die Berater der SNES-Ära neben Tipps zum Lösen des Spiels auch viele interessante Hintergrundinfos zur Story und tolle Artworks. Da die besagten SNES-RPGs in der Regel leider nur Singleplayer anboten, las ich in meiner Zeit als Co-Pilot natürlich auch immer wieder die entsprechenden Spieleberater zu diesen Titeln.
Ich bin bis heute überrascht, wie viel mehr dem Spieler durch die Illustrationen und textlichen Ausführungen gegeben wird. Wo auf dem Bildschirm ein Pixelhaufen unter Umständen ganz vielleicht ein wenig darauf hindeutet, ein Drache zu sein, wird durch Beschreibung und Artwork zu einem Charakter mit Namen und manchmal sogar einer Hintergrundgeschichte.
Leider sind die Spieleberater in der Regel nur noch bei eBay erhältlich und so kommen wohl die meisten Spieler der jüngeren Generationen trotz bester Intentionen nur noch selten in den gesamten Geschmack dessen, was die Rollenspiele der goldenen Zeit Mitte der 1990er Jahre zu bieten hatten.
Dieser Beitrag erschien im Original im Rahmen des Projekts GASTSPIELER auf spielkritik.com: https://spielkritik.com/2017/01/02/spieleberater/
Ja, die Spieleberater waren echt eine tolle Sache. Damals konnte man in manchen Videospielzeitschriften die einzelnen Seiten durch Vor-Perforation herausreißen, damit man die Lösungen über Monate hinweg sammeln und in einem Ordner abheften konnte.
Ich hatte einen 160 seitigen Diablo 2 Ordner.
Also ich kann mir nur noch an unser Terranigma Buch erinnern. Das wurde aber auch ausgiebig genutzt :D … naja wobei, wir hatten bei Zelda auf der Wii auch ein (Lösungs-)Buch, da hat meine Schwägerin damals mir gesagt wo ich was finde und wie was geht und ich habe gespielt :) War auch für alle Beteiligten lustig :D
Was ich aber noch zu Hause stehen habe ich dieses Gelbe „Lösungs“Buch von Pokemon (Rot/Blau/Gelb?), welches als Geschichte geschrieben ist mit Bildchen und viiiel Text :) „Rot ging in die nächste Stadt und stellte sich dem Arenaleiter, welche dir Pokemon X, Y, Z gegen ihn in den Kampf schickte“ oder so in der Art, das könnte man auch so gut mal lesen^^
Jaaa, das gelbe Buch zu Pokemon hab ich hier auch noch. Ich weiß auch noch wie ich mich damals ärgerte, dass es gar kein Spieleberater war :D
Spieleberater waren für mich auch immer die Rettung, wenn ich meine tägliche Spielzeit aufgebraucht hatte und mich trotzdem weiter mit dem Spiel und der Welt auseinander setzen wollte. Wirklich gebraucht habe ich sie fast nie (außer bei Lufia) aber ich sehr gerne die Artworks daraus abgezeichnet.
Ich frage mich, ob es mein nostalgisches Empfinden ist oder ob jüngere Zocker die Optik der Verpackungen oder Hefte auch als „besonders“ wahrnehmen? Mich triggern das Design und die Farbwahl jedes mal aufs Neue.