Die Fear of missing out (deutsch: Angst, etwas zu verpassen, Akronym FOMO) ist die Befürchtung, dass Informationen, Ereignisse, Erfahrungen oder Entscheidungen, die das eigene Leben verbessern könnten, verpasst werden. Damit einher geht die Angst, dass Entscheidungen bezüglich möglicher Teilnahme bereut werden könnten. FOMO ist gekennzeichnet durch das Bedürfnis, ständig mit dem in Verbindung zu bleiben, was in relevant erscheinenden Bereichen geschieht. […] Mit den technologischen Fortschritten hat das Potential für FOMO zugenommen. (Wikipedia)
So wie man früher neben dem Telefon hockte und auf den Anruf des Schwarms gewartet hat, so schaut man heute alle paar Minuten Sekunden auf das Smartphone, weil ja was passiert sein könnte. Eine Angewohnheit, die viele von uns haben und die Meisten wohl eher auf die Seite der Schlechten verbuchen würden.
In Zeiten von Gruppenchats und mehr Social Medias als man an einer Hand abzählen kann, ist eigentlich immer irgendwo was los. Und wenn nicht, doom scrollt man halt einfach eine Weile durch reddit, feedly, discord oder eine der anderen zig Apps, die man so installiert hat. (Denn auch Dienste abseits von Instagram und Twitter können süchtig machen).
Ist der Punkt erreicht, sich von den vielen Benachrichtigungen genervt zu fühlen, gibt es verschiedene Methoden, dem entgegen zu wirken. Am naheliegendsten ist es wohl, die entsprechende App so zu konfigurieren, dass sie einfach keine Benachrichtigungen mehr schickt.
Das Problem liegt aber auf der Hand: Es wird ja einen Grund geben, weshalb diese App installiert wurde und Benachrichtigungen schickt. Und genau diese Benachrichtigungen, wegen denen die App ursprünglich installiert wurde, fehlen dann halt auch. Dödöm.
Ich habe mich eine Zeit lang mehr oder weniger intensiv damit beschäftigt und habe für mich eine Lösung gefunden, mit der ich nun seit einiger Zeit sehr gut klar komme. Ich muss dafür allerdings ein bisschen ausholen, daher versuche ich das hier mal ganz professionell zu gliedern:
Priorisierung nach Dringlichkeit einer Reaktion
Nicht auf jede Nachricht aus jeder App muss ich sofort reagieren. Viele Benachrichtigungen können sogar ruhigen Gewissens so lang ignoriert werden, bis ich die App öffne und aktiv nachschaue. Für mich ist das ausschlaggebende Kriterium für die Wichtigkeit einer Benachrichtigung der daraus resultierende Handlungsbedarf. Das lässt sich für mich grob in 3 Stufen unterteilen:
Kategorie 1: Dringende Reaktion
In diese Kategorie fallen für mich eigentlich nur Anrufe (und natürlich Wecker, aber die lasse ich hier mal außen vor). Das kommt nicht ständig vor, ist in der Regel aber beiden Parteien wichtig. Da möchte ich so schnell wie möglich Bescheid wissen, daher darf das Handy auch ruhig Geräusche machen oder vibrieren. Habe ich entschieden, dass der Anruf doch nicht wichtig ist, drücke ich ihn weg und verschiebe ihn in Kategorie 2. Natürlich können auch Nachrichten wichtig sein, aber wenn es *wirklich* wichtig ist, rufen die Leute auch an.
Kategorie 2: Keine dringende Reaktion
Hier lassen vermutlich die meisten Benachrichtigungen unterbringen. Unter Benachrichtigungen mit „nicht dringenden Reaktionen“ verstehe ich beispielsweise Antworten auf Social-Media-Postings oder Chat-Nachrichten von 90% meiner Kontakte. Aber auch sowas wie Rabatt-Akionen von mydealz, die Steam-Wishlist und so weiter würde ich hier einordnen. Eben all das, wofür mir die benachrichtigende App noch weitere Infos oder Möglichkeiten zur Interaktion bietet. Die aber auch in 5-100 Minuten noch okay sind. Diese Benachrichtigungen lasse ich mir gern anzeigen, aber ohne weiteren akustischen oder haptischen Hinweis. Hier lässt sich auch noch mal gut trennen, welche dieser Nachrichten bereits auf dem Lockscreen angezeigt werden, und welche überhaupt erst angezeigt werden, wenn ich das Gerät entsperrt habe, um es aktiv zu nutzen.
Kategorie 3: Keine Reaktion
Hier kommt alles rein, was nur zur Kenntnis genommen werden muss. Likes für meinen letzten Beitrag auf Social Media? Kein Grund, das Handy aus der Tasche zu holen, oder auf die Uhr zu schauen. Da reicht es mir, wenn ich das mitbekomme, wenn ich das Handy sowieso gerade wegen irgendwas in der Hand habe und die Info dann zusätzlich bekomme. Likes sind zwar toll, aber ich kann damit ja im Endeffekt nichts machen außer mich drüber zu freuen. Da reicht es dann auch, wenn ich die Herzen erst sehe, wenn ich Instagram wirklich geöffnet habe.
Verschiedene Arten von Benachrichtigungen
So, jetzt haben wir also gelernt, dass nicht alle Benachrichtigungen gleich wichtig sind. Das ist schon mal sehr gut, denn ohne diese Kategorisierung wäre der nächste Schritt vermutlich viel schwieriger.
These: Es sind gar nicht die Benachrichtigungen selbst, die stören. Es ist viel mehr die Tatsache, dass das Handy innerhalb eines kurzen Zeitraums immer wieder vibriert und dabei (entgegen des weit verbreiteten Fehlglaubens eben nicht lautlos ist, sondern) ein nerviges *brrrt-brrrrt*-Geräusch von sich gibt, das je nach Beschaffenheit der Oberfläche auf der das Gerät liegt, einem Nebelhorn gleicht. Doch wie kann ich mein Handy akustisch und haptisch stumm schalten und trotzdem informiert bleiben? Auch hier war für mich die Lösung wieder die Einteilung in Kategorien. Diesmal habe ich der Dringlichkeit der Nachricht eine entsprechenden Benachrichtigungs*intensität* zugeordnet:
- Kategorie 1 (Dringende Reaktion): Vibration, Ton
- Kategorie 2 (keine dringende Reaktion): Text-Benachrichtigung, ggf erst nach Entsperrung
- Kategorie 3 (keine Reaktion): Benachrichtigung nur innerhalb der jeweiligen App
Es fing an mir zu dämmern, als ich mein erstes Wearable in Betrieb nahm. Seit ich meine Benachrichtigungen aufs Handgelenk bekomme, brummt mein Handy tatsächlich nur noch dann, wenn ich angerufen werde. Allerdings ertönt dann auch ein richtiger, echter Klingelton. Denn ich will ja mitbekommen, wenn ich angerufen werde. (Oder die Finden-Funktion nutze, wenn es mal wieder in die Sofaritze gerutscht ist, die jegliche Vibration abfängt..) Alles andere wird am Handy lediglich als Textbenachrichtigung angezeigt.
Zusätzlich habe ich meine Uhr so konfiguriert, dass sie beispielsweise Gruppenchats pauschal gar nicht meldet, außer ich werde namentlich in einer Nachricht erwähnt. Ein weiteres Feature, das ich sehr genieße ist die Limitierung von Benachrichtigungen pro Zeitraum: Wir alle haben doch diese:n eine:n Freund:in, di:er auch bei längeren Texten niemals mehr als 3 Wörter pro Nachricht schickt, oder? Ich bekomme daher pro App maximal 1 Benachrichtigung pro Minute gesendet. Mit Apps wie Buzzkill oder STFO Notification Manager (free) lassen sich solche Regeln gänzlich wie bei Outlook einrichten.
Wer es gern fummelig personalisiert mag, kann sowas sicherlich auch mit Tasker nachbauen und bis zur Unendlichkeit und noch weiter Automatisieren. Wenn ihr viel mit Kopfhörern unterwegs seid, will ich euch hier auch noch nah legen, ausgewählte Benachrichtigungen einfach vorlesen zu lassen, sobald sie eintreffen. Gerade im Winter finde ich es sehr angenehm, direkt zu wissen worum es geht, ohne mir die Finger abzufrieren.
Darüber hinaus ist es natürlich sinnvoll, Gebrauch vom DND-Modus zu machen, und zeitweise einfach auf Benachrichtigungen zu verzichten. Beispielsweise zur Schlafenszeit, oder während Termine im Kalender. Ich genieße es zB sehr, die 30 Minuten vor und nach meiner definierten Schlafenszeit etwas Ruhe auf dem Handy zu haben.
Alles, was ich hier jetzt vergessen habe, dürft ihr gern in den Kommentaren ausklamüsern. Ich bekomme dann natürlich eine entsprechende Benachrichtigung.
ich mache mich zu einem besseren Menschen:
Ich hab fast alle Benachrichtigungen abgestellt, email-Abruf auf 1x/Stunde gestellt, kaum noch Social Media Accounts/Apps….
Nenn mich alt, ich nenne es entspannt! :D
VG
A. 242
Hallo alt, ich bin moep0r
Aber ja, die Screentime zu reduzieren ist auch ein guter Ansatz :D
Oh, mal wieder ein Blogartikel von dir, schön! :)
Du hast dir viele Gedanken zum Thema Benachrichtigungen gemacht. Sehr sinnvoll! Ich bin auch durch eine Lernphase gegangen die letzten Jahre und habe für mich nun eine ganz gute Lösung gefunden. Mit dem ersten Wearable, meine Garmin, habe ich mir noch alle wichtigen Nachrichten (WhatsApp, Threema usw.) auf die Uhr schicken lassen. Das hat mich irgendwann wahnsinnig gemacht. Nun handhabe ich es so:
Smartphone gibt gar nix mehr von sich, weder Geräusche noch Vibration. Anrufe kommen über die Uhr, welche ich 24/7 trage — nachts ist das Smartphone im Flugmodus und Uhr auf DND. App-Benachrichtigungen bekomme ich aufs Handy, aber so passiv, dass ich die erst sehe, wenn ich das Handy aktiv in die Hand nehme. Für Arbeits-Apps (Teams und Outlook) sind Benachrichtigungen deaktiviert, sprich ich sehe hier nur was, wenn ich aktiv in die Apps gehe. Damit fahre ich inzwischen ganz gut.
Das klingt auch sehr sinnvoll. Meinen Arbeitskram habe ich auch komplett stumm, bis auf die Kalendereinträge, aber die sehe ich auch einfach gern morgen schon um mich mental darauf vorzubereiten, bevor ich die Wohnung verlasse :D